Forschung mit nichteinwilligungsfähigen ProbandInnen
Blankoscheck vom Bundestag
> Hintergrund
Forschung am Menschen
> Es gibt viele Gründe …
… BioSkop zu fördern!
Wolfgang Linder
Jurist, stv. bremischer Datenschutzbeauftragter im Ruhestand, heute aktiv im Komitee für Grundrechte und Demokratie und in der Aktion Stoppt die E-Card, Bremen
»Big Data droht die letzten Reservate von Privatsphäre abzuräumen. E-Card und Nationale Kohorte sind Beispiele dafür. Kritische Stimmen gegen profit- und technikorientierte Gesundheitsökonomie haben es schwer, in den Medien zur Geltung zu kommen. BioSkop ist eine rühmliche Ausnahme.«
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> Brisanter Freibrief vom Bundestag
Nichteinwilligungsfähige Versuchspersonen für fremdnützige Arzneimitteltests
Der Deutsche Bundestag hat am 9. November 2016 mehrheitlich grünes Licht gegeben für fremdnützige Arzneimitteltests mit nichteinwilligungsfähigen Versuchspersonen. Gesetzlich eingeführt wird nun die neuartige Option einer rechtsverbindlichen Blanko-Probandenvorausverfügung. Damit sollen Menschen in gesunden Tagen und nach allgemeiner ärztlicher Beratung aufschreiben, dass sie pauschal bereit sind, irgendwann später als nichteinwilligungsfähige StudienteilnehmerInnen zur Verfügung zu stehen – für noch unbekannte klinische Arzneimitteltests, die ihnen gesundheitlich nichts nutzen, aber durchaus riskant sein können. Und das alles ohne Kenntnis der konkreten Forschungsziele, Studienleiter und Auftraggeber, Risiken und Belastungen. Unglaublich – aber leider wahr!
> Wie hat Ihr Abgeordneter abgestimmt? Plenarprotokoll vom 9.11.2016, siehe Tagesordnungspunkt 1 – die Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen findet mensch ab Seite 19719 = pdf-Seite 29
> Blankoscheck vom Bundestag – BIOSKOP -Berichte
> Ausgewählte Medienberichte epd/taz |
Tagesspiegel | Frankfurter Rundschau | ZDF | Ärztezeitung | Deutsche Apotheker-Zeitung | Süddeutsche Zeitung
Vielfältiger Widerstand vor der Entscheidung
Die öffentlichen Proteste hatten zunächst gewirkt: Der Bundestag hatte am 8. Juli nicht wie geplant über die umstrittene AMG-Novelle abgestimmt, die ja fremdnützige Arzneimitteltests an nichteinwilligungsfähigen Menschen, vor allem mit Demenz, legitimieren soll. Das war ein wichtiger (Zwischen-)Erfolg, zu dem auch BioSkop nach Kräften beigetragen hat – mit vielfältigen Aktivitäten, Recherchen und kritischer Berichterstattung, hintergründigen Informationen sowie einem mit GeN und Grundrechtekomitee gemeinsam verfassten Appell.
Aber: Aufgeschoben ist leider nicht aufgehoben! Nun soll, so jedenfalls der interne Zeitplan, der Bundestag Anfang November entscheiden. Zuvor soll eine neuerliche öffentliche Anhörung in Berlin stattfinden – ausgeguckt ist der 19. Oktober. Vorsorglich fordert BioSkop: bitte dann aber mit Offenlegung der Interessenkonflikte eingeladener Fachleute! Experten, die Verbindungen zu Pharmafirmen unterhalten, gibt es reichlich, das gilt auch für den Bonner Professor Wolfgang Maier der bei der ersten, kontroversen Anhörung im Bundestag im Mai besonders engagiert für die vom Bundesgesundheitsministerium geplante AMG-Novelle geworben hat.
BioSkop empfiehlt allen, insbesondere auch den Abgeordneten und Verbänden: Nutzen Sie die Zeit – machen Sie sich schlau und lesen Sie zu den Hintergründen, Interessen und Konflikten auch unsere Hinweise, Spuren und Links, die wir fortgesetzt auf unserer Website veröffentlichen. Und prüfen Sie bitte noch einmal genau die Bedenken und Argumente aus dem appellativen Brief »Keine Ausweitung der fremdnützigen Forschung an Einwilligungsunfähigen«, den wir ihnen Anfang Juli gemeinsam mit dem Gen-ethischen Netzwerk und dem Komitee für Grundrechte und Demokratie geschickt und auch öffentlich gemacht haben.
Außerdem fragen wir dringend: Wie genau lassen sich die ParlamentarierInnen vor der Abstimmung eigentlich über die Studien und Risiken aufklären, auf die sich nichteinwilligungsfähige ProbandInnen künftig einlassen sollen? Sachdienliche Hinweise, worum es bei Arzneimittelprüfungen tatsächlich geht, steht in einem Hintergrundbericht in unserem aktuellen BIOSKOP -Heft Nr. 75.