EDITORIAL Heft Nr. 91 (März 2023)
Inklusion – aber nur wenn es geht!
Die Klimakatastrophe betrifft alle, Menschen mit Behinderung aber besonders. Bei Flutkatastrophen können sie möglicherweise nicht schwimmen, die Warnhinweise vielleicht nicht hören oder sehen, ein bedrohtes Haus oder Heim nicht rechtzeitig verlassen. Oft sind sie ärmer, was auch in der gefahrvoll sein kann.
„Die Ausbeutung von Menschen und Natur nimmt keine Rücksicht auf Menschen mit chronischen Krankheiten oder Behinderungen. Klima-, Behinderten- und Menschenrechtsaktivist*innen dürfen sich dieser Einsicht nicht verschließen.“ Das schreibt Michael Zander (Siehe Seite 3). Und er schreibt über ein Buch, das sich mit einer „Kampfvokabel“ auseinandersetzt – dem „Privileg“. „Eine nachhaltige Lösung würde weder in einem ‚Schonraum‘ für die Benachteiligten noch in einem ‚fairen Wettbewerb‘ bestehen, in dem es notwendigerweise Gewinner und Verlierer gibt. Vielmehr müsste es langfristig darum gehen, gemeinsam dafür zu sorgen, dass genug für alle da ist.“ (Siehe Seite 4).
Unabhängig von materiellen Bedingungen, das macht der biographische Artikel von Udo Sierck klar, sind auch Einstellungen zu Menschen mit Behinderung von Bedeutung. Fredi Saal, früher Mitbegründer der Behindertenbewegung: „Solange das Behindertenschicksal immer noch als bedauernswert, ‚nichtseinsollend‘ empfunden wird, solange erfordert es vom einzelnen Behinderten noch viel Mut, sich im normalen Leben als normaler Mensch behaupten zu wollen.“ (Siehe Seite 6).
Im deutschen Betreuungsrecht ist viel von Selbstbestimmung und Autonomie die Rede. „Damit fügt sich das neue Betreuungsrecht nicht nur in die emanzipatorische Vorgabe der UN-Behindertenrechtskonvention, sondern auch in das neoliberale Paradigma vom unabhängigen, für sich selbst stehenden und sich selbst regulierenden Individuum, das weder auf private noch auf staatliche Hilfen angewiesen ist.“ Dass dies nicht zum Vorteil aller wird, darauf macht Karin Michel, Philosophieprofessorin und gesetzliche Betreuerin, aufmerksam (Siehe Seite 2).
Rebecca Maskos macht sich Gedanken über das Verhältnis von Technik, Hilfsmitteln und Mensch. Wir alle sind abhängig von Technik, das wird gemeinhin als „Privileg“ moderner Lebensweisen gesehen. Negativ erscheint wohl eher das Angewiesensein auf elektronische Hilfsmittel (Siehe Seite 8). Die Hilfsmittel sind augenfälligere und sichtbarere Geräte, von denen Mensch abhängig ist und verweisen auf unser aller Verletzlichkeit.
Für das Newsletter-Team
Erika Feyerabend
Die aktuelle Ausgabe Nr. 91 des newsletter Behindertenpolitik erschien als Beilage zu BIOSKOP Nr. 101.
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