Herne/Essen, 3. März 2009
Medienmitteilung von OMEGA und BioSkop
Patientenverfügungen nicht gesetzlich absichern!
»Wir bitten Sie, sich gegen eine gesetzliche Absicherung von Patientenverfügungen auszusprechen.« Diesen Appell, unterstützt von Persönlichkeiten aus Medizin und Wissenschaft, richten die Hospizvereinigung OMEGA und der bürgerschaftlich engagierte Verein BioSkop erneut an den Deutschen Bundestag.
Anlass ist die öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses am 4. März zu drei Gesetzentwürfen, die Patientenverfügungen als verbindlich anerkennen wollen. Die Auswahl der Sachverständigen ist beschränkt: Keiner der geladenen Experten lehnt eine gesetzliche Regelung prinzipiell ab – obwohl alle Gesetzentwürfe tödliche Unterlassungen bei Menschen zulassen wollen, die gar nicht im Sterben liegen.
In dem Schreiben, das den Bundestagsabgeordneten seit Oktober 2008 vorliegt, heißt es: »Wichtiger als eine gesetzlich ermöglichte Wahl zwischen ‘Pflege oder Tod sind Versorgungsalternativen, die eine individuell gemäße Betreuung für alle Kranken ermöglichen – gerade auch für diejenigen, die von solchen Wahlmöglichkeiten in Pflegeeinrichtungen und Kliniken mangels Geld derzeit noch ausgeschlossen sind.«
Alle drei diskutierten Gesetzentwürfe um deren Mentoren Joachim Stünker (SPD), Wolfgang Bosbach (CDU) und Wolfgang Zöller (CSU) unterscheiden sich im Kern nicht: Übereinstimmend legitimieren sie, das Leben einwilligungsunfähiger PatientInnen bei vorausverfügtem oder vermutetem Einverständnis zu beenden – nicht per Giftspritze, sondern durch gezieltes Unterlassen von Therapien und Ernährung.
»Es muss weiterhin selbstverständlich sein, schwerstpflegebedürftige Menschen, die nicht im Sterben liegen, umfassend zu versorgen«, sagt BioSkop-Geschäftsführerin Erika Feyerabend. »Wir erleben, dass Menschen, die im Angesicht ihres baldigen Todes mit uns sprechen können, lindernde – und auch ihr Leben aufrecht erhaltende -Therapien wünschen«, erläutert die OMEGA-Vorsitzende Inge Kunz.
BefürworterInnen von Patientenverfügungen werben mit einprägsamen Schlagworten wie »Selbstbestimmung«. OMEGA und BioSkop warnen: »Die öffentlichen Signale, die eine gesetzliche Regelung aussendet, sind gefahrvoll: Nicht individuelle Wünsche werden gewürdigt, sondern der Wille von Patienten in bestimmten Krankheitsstadien vereinheitlicht – als Wille zum tödlichen Behandlungsabbruch. Die individuelle Verantwortung der Betreuenden wird geschwächt. Ihr Handeln wird zunehmend danach beurteilt, ob formale Verfahren eingehalten und Verfügungen umgesetzt wurden.«
Eine gesetzliche Legitimierung von Patientenverfügungen würde auch diejenigen unter Zugzwang setzen, die sie ablehnen. Das gilt nicht nur für Kranke, sondern auch für ÄrztInnen und Pflegekräfte, die einen vorausverfügten Abbruch lebensnotwendiger Therapien anordnen und ausführen müssten. »Auf längere Sicht«, so OMEGA und BioSkop, »werden sich Menschen rechtfertigen müssen, wenn sie in pflegebedürftiger Lage versorgt werden wollen, wenn sie als Pflegende oder Mediziner/in Begleiterkrankungen versorgen oder Ernährung sicher stellen.«
Einige Abgeordnete schlagen vor, die Rechtsverbindlichkeit von Patientenverfügungen auf bestimmte Bedingungen zu beschränken – etwa auf bestimmte Krankheitsstadien, eine kaum definierbare »Todesnähe« oder interpretationsoffene »infauste Prognosen«. Auch diese Kompromissregelung ist gefahrvoll und leistet der Aushöhlung des Tötungsverbotes Vorschub. Inge Kunz: »Auch Patientenverfügungen mit Reichweitenbegrenzung stellen Versorgung und Leben von Pflegebedürftigen zur Disposition, die gar nicht im Sterben liegen.«
Unterstützt wird der Brief an den Deutschen Bundestag u.a. von den Professoren Klaus Dörner, Reimer Gronemeyer, Thomas Klie, Franco Rest, Dietmar Seidel, Christoph Student und Andreas Zieger.
Den Wortlaut des Briefes und weitere Informationen können Sie bei BioSkop und OMEGA anfordern.
Für Ihre Fragen und weitere Informationen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung:
Ihre Ansprechpartnerinnen
- Inge Kunz, OMEGA e.V.
Fon: (02871) 2394815 und (02871) 30413
- Erika Feyerabend, BioSkop e.V.
Fon: (0201) 5366706
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