BioSkop unterstützen! Kontakt Über uns


KLAUS-PETER GÖRLITZER, Journalist und redaktionell verantwortlich für BIOSKOP

Wachsender Einfluss im Krankenhaus

  • Zahlen zu Patientenverfügungen aus Baden-Württemberg

aus: BIOSKOP Nr. 62, Juni 2013, Seite 11

Klinikärzte orientieren sich offenbar zunehmend an Vorgaben aus Patientenverfügungen. Diesen Eindruck vermitteln Zahlen, verbreitet von der Techniker Krankenkasse.

Laut einer Statistik, vorgelegt von der Geschäftsstelle Qualitätssicherung im Krankenhaus (GEQiK), wurden 2011 in Baden-Württemberg 2.940 Behandlungen von Menschen mit Schlaganfall durch eine Patientenverfügung »beeinflusst«. Das entspricht einem Anteil von 8,4 % aller 34.885 registrierten Schlaganfallbehandlungen; 2010 lag die Quote noch bei 5,3 %. Besonders auffällig: Von denjenigen 2.128 Patienten, die 2011 nach einem Schlaganfall im Krankenhaus verstorben sind, hatte fast jede/r Zweite (48,9 %) eine Vorabverfügung – 13,8 % mehr als 2010. Unter den 32.757 Menschen in Baden-Württemberg, die 2011 den Schlaganfall überlebten und die Klinik wieder verlassen konnten, hatten 5,8 % eine Patientenverfügung verfasst.

Welche schriftlichen Festlegungen im einzelnen Einfluss auf Art und Umfang der Therapien genommen haben, ist der Statistik der Qualitätssicherer nicht zu entnehmen. Die Techniker Krankenkasse (TK), die die Zahlen im Februar 2013 per Pressemitteilung öffentlich machte, stellt fest: »Bei der Einflussnahme geht es in erster Linie darum, lebensverlängernde Maßnahmen zu verhindern.« Treten nach einem Schlaganfall Schluckstörungen beim Betroffenen auf, könne dies »auf unbestimmte Zeit« eine künstliche Ernährung via Magensonde notwendig machen. »Genau dies«, schreibt die TK, »schließen aber viele Menschen in ihren Verfügungen aus.«

»Jeder sollte sich über die Konsequenzen einer Patientenverfügung im Klaren sein.«

Andreas Vogt, Leiter der TK-Landesvertretung Baden-Württemberg, betont: »Jeder sollte sich über die Konsequenzen einer Patientenverfügung im Klaren sein.« Vogt empfiehlt den Versicherten, sich vor Abfassen einer Behandlungsverzichtserklärung medizinisch beraten zu lassen – auf eigene Kosten, denn derartige Gespräche gelten als »individuelle Gesundheitsleistungen«, die gesetzliche Krankenkassen nicht bezahlen müssen.

»Verbesserungsbedarf« sieht die TK bei der medizinischen Versorgung. Denn nur 37 % der Menschen, die 2011 in Baden-Württemberg einen Schlaganfall erlitten, seien schnell genug, nämlich binnen drei Stunden, ins Krankenhaus eingeliefert worden. »Bei Patienten, die das nicht schaffen, kommen moderne Therapien oft zu spät – mit möglicherweise fatalen Folgen für ihr weiteres Leben.«

© Klaus-Peter Görlitzer, 2013
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Autors