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ERIKA FEYERABEND, Journalistin und BioSkoplerin

Der Skandal um das geklonte Selbst

  • Großbritannien will »Spende« von Eizellen zulassen

Der Fall beschäftigt die Medien seit Tagen. Zur Weihnachtszeit in 2002 wurde die Geburt des ersten geklonten Babys verkündet.

Das Kind heißt Eva. Gedanken an Zeiten paradisischer Unsterblichkeit legt nicht nur der Name nahe, sondern auch die Firma Clonaid. Sie beansprucht die Fabrikation des Embryos nach höchstem Stand wissenschaftlicher Klontechnik und verspricht Unsterblichkeitsgarantien. Das entspricht ihrer Cooperate Identity: Das Unternehmen wurde 1997 von den Realianern gegründet, in Las Vegas, dem Ort des Glückspiels und des schönen Scheins. Die Sekte verkündet auch etwas: Die Menschheit wurde vor Jahrtausenden von außerirdischen Wesen mittels Klontechnik geschaffen. Die Chefin von Clonaid ist eine ideale Besetzung. Brigitte Boisselier ist Realianerin und Biochemikerin, so personifiziert sie die Fusion von Wissenschaft und religiöser Botschaft. Es folgt der nächste Schock. Eine lesbische Niederländerin habe an unbekanntem Ort ein weiteres geklontes Kind geboren. Der Chef der niederländischen Raelianer stellt sich umgehend der Nachrichtenagentur Reuters. Weitere Geburten sollen folgen, in den USA und in Asien. Wahrscheinlich in Korea, denn dort hat Clonaid eine Tochtergesellschaft namens BioFusion Tech Inc. gegründet. Eine neue Runde medialer und gesellschaftlicher Aufregung kann beginnen.

»Wenn sie Eier kaufen oder wenn Sie Eier verkaufen wollen für 5.000 US Dollar – kontaktieren sie bitte unseren Biologen”.

Die Produzentin der neuen Menschenkinder behauptet stolz, das erste Unternehmen zu sein, das Klondienste anbietet – für den stolzen Preis von 200.000 US Dollar. Nach Aussagen von Frau Boisselier gibt es 2.000 Interessierte. Auf der firmeneigenen Homepage werden sterile und homosexuelle Paare beworben, aber auch Einzelpersonen, die aus beliebigen Gründen visionieren sich selbst genetisch zu vervielfältigen. Doch Clonaid hat weit mehr zu bieten. Für Zögerliche gibt es eine Art Versicherung. Unter dem Produktzeichen Insuraclone kann man sich für nur 200 US Dollar Stammzellen »an einem sicheren und vertraulichen Ort« in flüssigem Stickstoff aufbewahren lassen, bis das Material für die Vervielfältigung gebraucht wird. Dann gibt es noch Clonapet, das Klonen von geliebten Haustieren, die wie immer zu früh verstarben. Im Angebot ist ein »genetisches Reparaturkid«, das in naher Zukunft Gewebeersatz verspricht – für Diabetes und Alzheimer. Ovulaid ist auch ein sehr schönes Programm. »Wenn sie Eier kaufen oder wenn Sie Eier verkaufen wollen für 5.000 US Dollar – kontaktieren sie bitte unseren Biologen«. Bei Clonaid findet man auch, was im Raum der rationalen Wissenschaft und Bioindustrie angeboten und versprochen wird.

Selbst bei der weithin diskreditierten »Menschenproduktion« ist Clonaid nicht alleine. Direkte Konkurrenz droht von Severino Antinori. Er selbst zweifelt am Clonaid-Projekt, verspricht aber selbst seit elf Monaten (!) die sichere Geburt eines geklonten Kindes, das in Belgrad geboren werden soll . »Serbien wird in die Geschichte eingehen« sagt Antinori der Presse. Der Mann ist ebenfalls nicht nur im Klonierungssektor aktiv. Antinori verteidigt jedes Reproduktionsangebot als »unbeschränktes Menschenrecht auf biologische Reproduktion«.

Auch schlechte Public Relations dient dem Firmenziel, zahlungskräftige KonsumentInnen für die bizarren und weniger bizarren Dienstleistungen anzulocken.

Der aktuelle Medienrummel jedenfalls hat Clonaid in aller Welt bekannt gemacht. Auch schlechte Public Relations dient dem Firmenziel, zahlungskräftige KonsumentInnen für die bizarren und weniger bizarren Dienstleistungen anzulocken. So kann wohl auch kompensiert werden, dass die wichtigsten Sponsoren, ein Ehepaar, das ihr verstorbenes Kind klonen lassen wollte, Gelder und Auftrag zurückgezogen haben.

Auch die »seriösen« Wissenschaftler melden sich zu Wort. Alle zweifeln an der Glaubwürdigkeit des Klonexperiments. Robert Lanza beispielsweise, Klonexperte der Firma Adavenced Cell Technologies: »Sie haben bisher noch nicht einmal eine Ratte oder ein Kaninchen geklont.« Lanza weiß wovon er spricht. Der Firma ist es nicht gelungen aus selbst geklonten Embryonen auch nur eine entwicklungsfähige Zelllinie zu produzieren. Doch auch mit diesem Mißerfolg hat die Firma weltweit Furore gemacht.

Angewandte Ethiker, Ministerpräsidenten und Abgeordnete fühlen sich zur Kritik berufen. Die rationale Wissenschaft will kein geklontes Selbst. Der allerorten demonstrierte Wille zur wissenschaflichen Selbstbeschränkung und politischen Grenzziehung soll vor allem eines: Aus der Fusion von weiblichen Eizellen und eigenen Körperzellen, sollen nicht wie bei Clonaid Kinder, sondern Körperersatzstoffe aller Art und patentgeschütze Monopole entstehen. Stammzellen, gewonnen aus überzählig genannten Embryonen im Fortpflanzungssektor dürfen der Aufregung um die geklonte Existenz nicht zum Opfer fallen. Vor dem Rechtsausschuß der UN scheiterte der Vorschlag, sich auf ein internationales Verbot des reproduktiven wie therapeutischen Klonens zu einigen – dank der deutschen, französischen und englischen Delegation. Aber auch mit einem Verbot würden die Antinoris, Clonaids und ihre ReproduktionskonsumentInnen nicht verschwinden. Sie sind Produkt der wissenschaftlichen Verheißungen auf Gesundheit und unbeschränkte Körpergestaltung.

© Erika Feyerabend
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