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KLAUS-PETER GÖRLITZER, Journalist und redaktionell verantwortlich für BIOSKOP

Ansätze für Therapien nicht in Sicht

  • Einige Auskünfte der Bundesregierung zur Stammzellforschung

aus: BIOSKOP Nr. 55, September 2011, Seite 7

Für Forschung mit menschlichen Stammzellen fließen reichlich Steuergelder. WissenschaftlerInnen bemühen sich, Grundlagen zu verstehen – um Therapien geht es bisher nicht.

Derzeit fördert die Bundesregierung neun Forschungsprojekte, die embryonale Stammzellen verwenden. Ausweislich des beim Robert-Koch-Institut (RKI) geführten Registers wurden zwischen Dezember 2002 bis Juli 2011 insgesamt 67 Genehmigungen für die ethisch umstrittene Einfuhr und Nutzung der Zellen erteilt. Rund 40 Einrichtungen hatten erfolgreich Anträge gestellt, die importierten Zellen kamen aus Großbritannien, Israel, Japan, Singapur, Schweden und den USA.

Welcher Nutzen von den Vorhaben zu erwarten sei, wollten ParlamentarierInnen um René Röspel (SPD) und Priska Hinz (Grüne) mit einer ausführlichen »Kleinen Anfrage« erfahren. Die öffentlich kaum beachtete Antwort der Bundesregierung datiert vom 26. April 2011: Im Stammzellregister des RKI befänden sich »zurzeit keine Projekte, die auf absehbare Anwendung von humanen embryonalen Stammzellen zur Therapie« gerichtet seien. Wenn mit ihnen vereinzelt anwendungsbezogen experimentiert wird, zielen solche Vorhaben laut Bundesforschungsministerium (BMBF) »eher auf Wirkstoff-Screening und pharmatoxikologische Tests für die Entwicklung neuer Medikamente«.

  • Keine kommerzellen Interessen?

Auch private Firmen wie die Evotec AG oder Miltenyi Biotec GmbH haben Genehmigungen erhalten. Zur Frage, wie denn sicher gestellt werde, dass Unternehmen dabei keine kommerziellen Interessen verfolgen, verweist das BMBF einfach auf die Gesetzeslage, wonach die Nutzung embryonaler Zellen ausschließlich für wissenschaftliche Zwecken erlaubt ist. Die Bundesregierung habe »keine Kenntnisse«, ob im Rahmen der öffentlich geförderten Arbeiten auch Patente beantragt worden sind.

Stammzellforschung findet aber nicht überwiegend mit embryonalen Zellen statt. 85 der aus dem Bundesetat finanzierten Projekte setzen adulte Stammzellen ein, 13 nutzen Zellen aus Nabelschnurblut, 38 sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen. Ein Großteil der Geförderten verwendet nach Auskunft des BMBF mehrere Zelltypen; dies sei notwendig, um verschiedene Forschungsansätze vergleichen zu können.

  • SPD-Antrag gescheitert

Bei Bekanntgabe des Vierten Stammzellberichts im Februar wurde Philipp Rösler, damals noch Bundesgesundheitsminister, auch gefragt, wie weit die Forschung mit adulten Stammzellen fortgeschritten sei und ob es auf diesem Gebiet inzwischen Therapien gäbe. Ein Beispiel konnte Rösler indes nicht nennen, und so war es auch zwei Monate später, als das BMBF die »Kleine Anfrage« beantwortete.

Die vom Sozialdemokraten Röspel angeführten Fragesteller wissen, dass sich auch Arbeiten mit adulten Stammzellen im Stadium der Grundlagenforschung befinden. Die SPD verweist aber auf »erste klinische Studien«, die Ansätze für »interessante Heilungsstrategien liefern können«. Ein SPD-Antrag mit dem Ziel, die adulte Stammzellforschung auszuweiten und so »Deutschlands Spitzenposition« auszubauen, wurde am 9. Juni im Bundestag von der Mehrheit aus CDU/CSU und FDP abgelehnt. Die SPD hatte unter anderem gefordert, ein Zentrum für klinische Studien in der regenerativen Medizin sowie eine öffentliche, deutsche Nabelschnurblutbank einzurichten.

© Klaus-Peter Görlitzer, 2011
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