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»Landkarte Hochschulmedizin«

Wie viele Drittmittel deutsche Unikliniken offiziell einwerben, steht in der »Landkarte Hochschulmedizin«. Die jüngste Datensammlung des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung nennt Zahlen für 2005. In jenem Jahr hat die Wirtschaft – meist Pharma- und Biotechfirmen – rund 250 Millionen Euro in Forschung an Hochschulen gepumpt, durchschnittlich 7,13 Mio. € pro Uniklinik. Klarer Spitzenreiter ist die Berliner Charité: 2005 soll sie 36,01 € an Industriegeldern ausgegeben haben. Es folgen die Kliniken der LMU München (18,54 Mio. €), Frankurt a.M. (18,21 Mio. €), Köln (11,86 Mio. €), Mainz (11,74 Mio. €) und Hamburg (11,40 Mio. €). Unter 10 Mio. €, aber über dem Bundesdurchschnitt von 7,13 Mio. € liegen die Industriemittel für Projekte an den Kliniken der TU München, Essen, Düsseldorf, Hannover, Dresden, Marburg, Regensburg und Tübingen.

Die »Landkarte«, die noch viel mehr Zahlen versammelt, etwa zu weiteren Finanzquellen, Patenten und Personalsituation, steht im Internet: www.landkarte-hochschulmedizin.de




KLAUS-PETER GÖRLITZER, Journalist und redaktionell verantwortlich für BIOSKOP

Hochschulrat mit Bayer und Deutscher Bank

  • Unternehmen gewinnen zunehmend Einfluss auf Universitäten – zum Beispiel in Köln

aus: BIOSKOP Nr. 42, Juni 2008, Seite 9

Am 29. April 2005 diskutierten die KanzlerInnen der nordrhein-westfälischen Universitäten, wie man die Strukturen der Hochschulen verbessern könnte.

Die Universität zu Köln veröffentlichte anschließend eine Presse-Information: »Verschiedene Beispiele aus der Wirtschaft machen deutlich, dass das Management von Universitäten anderen Regeln folgen muss als die Leitung privatwirtschaftlicher Unternehmen.« Begründung: »Derartige Fehlsteuerungen, wie sie gerade in der jüngsten Zeit in der deutschen Industrie zu beobachten sind, wären für Universitäten, die ohnehin unter extremer Unterfinanzierung leiden, katastrophal.«

Wenige Wochen nach diesem Treffen wechselte in NRW die Regierung. SPD und Grüne mussten abdanken, CDU und FDP übernahmen die Macht. Und Andreas Pinkwart, neuer liberaler »Innovationsminister«, brachte sogleich ein »Hochschulfreiheitsgesetz« (HFG) auf den Weg. Diese Reform gilt inzwischen, und so müssen sich alle NRW-Unis ein neues Gremium mit weitreichenden Befugnissen zulegen: den Hochschulrat. Seine Aufgabe ist es, die jeweilige Unileitung zu beraten und deren Geschäftsführung zu beaufsichtigen; auch ist das neue Gremium befugt, sämtliche Uniunterlagen einzusehen. Und die Zustimmung des Hochschulrates ist obligatorisch, wenn es um den Wirtschaftsplan der Uni und »unternehmerische Hochschultätigkeiten« geht.

Die Mitglieder des Gremiums werden vom Ministerium für fünf Jahre bestellt. Wer aber darf hier überhaupt mitmachen? Dazu gibt das HFG vor: Mindestens die Hälfte der bis zu zehn HochschulrätInnen dürfen nicht an der jeweiligen Uni beschäftigt sein; nachgefragt sind Menschen, die »in verantwortungsvollen Positionen in der Gesellschaft, insbesondere der Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft tätig sind oder waren«.

»Unsere Universität wird demnächst von einem undemokratischen Gremium regiert.«

Praktisch ermöglicht diese Regelung es Lobbyisten von Wissenschaftsverbänden, aber auch Wirtschaftslenkern, direkten Einfluss auf die Hochschulen an Rhein und Ruhr und in Westfalen auszuüben. Eine Vorahnung gibt das Beispiel der Uni Köln, wo Ministerialrat Dietmar Möhler den frisch gekürten Hochschulräten am 29. Mai 2008 ihre Ernennungsurkunden überreichte. Unter den zehn Auserwählten befinden sich zwei Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften: Hermann-Josef Lamberti von der Deutschen Bank und Richard Pott vom Pharmakonzern Bayer, der gerade eine »bevorzugte Partnerschaft« mit der Kölner Uniklinik vereinbart hat; bemerkenswert ist auch die Personalie Barbara Bludau, die Generalsekretärin der mächtigen Max-Planck-Gesellschaft ist.

Der Hochschulrat wird regelmäßig hinter verschlossenen Türen tagen. Aber zumindest sein Start verlief nicht ganz geräuschlos. Schon Wochen vor seiner Inthronisierung hatten Studierende zu einer Demonstration in der Kölner Innenstadt aufgerufen und kritisiert: »Unsere Universität wird demnächst von einem undemokratischen Gremium regiert, das kaum wissen kann, was hier geschieht.«

Übrigens: Die Hochschul(-Bildung) gehört zum Kompetenzbereich der Bundesländer, und deren Gesetze sind durchaus unterschiedlich ausgestaltet. Hochschulräte gibt es nicht nur in NRW, sondern auch in Ländern wie Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Hamburg.

© Klaus-Peter Görlitzer, 2008
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