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KLAUS-PETER GÖRLITZER, Journalist und redaktionell verantwortlich für BIOSKOP

Humangenetiker bittet Schwangere zum Massentest

  • ITA-Screening-Studie soll helfen, ein neues Diagnoseverfahren zu etablieren

aus: BIOSKOP Nr. 19, September 2002, Seite 7

Das Arsenal vorgeburtlicher Diagnostik zum Aufspüren von Chromosomenveränderungen bei Ungeborenen ist reichhaltig. Ultraschall, Triple-Test, Fruchtwasseruntersuchung, Chorionbiopsie – viele Schwangere lassen dies über sich ergehen. Eine weitere Diagnose-Methode könnte bald hinzu kommen.

In der Fachzeitschrift Frauenarzt rief der Humangenetiker Ulrich Sancken Deutschlands GynäkologInnen im Juli dazu auf, Schwangere zur freiwilligen Teilnahme an der »ITA-Studie« zu motivieren. Die Reihenuntersuchung des Göttinger Humangenetik-Instituts soll klären, wie aussagekräftig ein neues, in den USA entwickeltes Diagnose-Verfahren ist; gesponsert wird der Massentest durch die Bad Nauheimer Firma Nichols Institute Diagnostika GmbH.

Die Abkürzung ITA steht für »Invasive Throphoblast Antigen«. Bezeichnet wird damit ein Molekül, das im Blut und Urin von Schwangeren vorkommt. Ist die ITA-Konzentration im Urin »extrem erniedrigt«, muss die werdende Mutter nach Darstellung der Humangenetiker davon ausgehen, dass ihr Kind mit Trisomie 18 geboren würde; bei Schwangernötig, schaften mit Down-Syndrom soll der ITA-Normwert um ein Vielfaches überschritten sein. »Dem Rat der Ethik-Kommission folgend«, schreibt Sancken im Frauenarzt, »werden den ProbandInnen keine Ergebnisse mitgeteilt. Der Nutzen dieser Studie kommt der Probandin also nicht unmittelbar zugute, sondern nur den zukünftigen Schwangeren.«

»Die Studie dient zur Vorbereitung und Einführung der größten Rasterfahndung nach chromosomalen Abweichungen.«

Annegret Braun, Leiterin der PUA-Beratungsstelle zu vorgeburtlichen Untersuchungen beim Diakonischen Werk Württemberg, warnt Frauen und GynäkologInnen eindringlich davor, bei der Reihenuntersuchung mitzumachen: »Die Studie dient zur Vorbereitung und Einführung der größten Rasterfahndung nach chromosomalen Abweichungen.«

Würde das neue Verfahren erst einmal wissenschaftlich anerkannt, drohe die Ausweitung der ITA-Diagnostik auf alle Schwangeren. Braun: »Dafür spricht schon die momentane Rechtsprechung (‘Kind als Schaden’), die zu einer immer stärkeren Absicherungsmedizin geführt hat, bei welcher Kind und Eltern auf der Strecke bleiben.«

© Klaus-Peter Görlitzer, 2002
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