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DENKZETTEL Nr. 0 erschien 1996

Stichwort: Transplantationsgesetz

Die weltweite Ressourcenknappheit der Organ- und Gewebemärkte macht deutlich vor, was ansteht: Im Wettlauf der Nationen nehmen sich die Gesetzgeber der Grauzonen an und gießen in legale Form, was heute noch als Beschaffungskriminalität gilt. Mittlerweile ist auch in der Bundesrepublik in anderen Feldern die Frage erlaubt, ob man Komatöse ärztlich legitimiert verhungern lassen darf und ob man alte Menschen die Tötung als Leidensverminderung zur Entscheidung stellen darf. Juristisch setzt man auf den liberalistischen Joker: das Kriterium der freiwilligen Einwilligung nach erfolgter Information. Augenscheinlich hat man sich mit all dem bereits abgefunden, ist man zur Realpolitik geschritten.

Es bleiben zahllose Fragen grundsätzlicher Art. Sie sind den grünen Gesetzesmachern gar nicht erst in den Sinn gekommen.So die Frage, ob die tödliche Gewalt der Organentnahme durchgeführt von Ärzten, die nunmehr berechtigt sein sollen zum Wohl und im Interesse anonymer Dritter und nicht des leibhaftigen Patienten, überhaupt gesellschaftlich zulässig sein soll. So die Frage, ob die konkrete Gewalt der individuellen Entscheidungszumutung für alle, die das Transplantationswesen mit der Möglichkeit der Organverpflanzung konfrontiert, und die konkrete Gewalt, die Ärztinnen, Schwestern, Pfleger und Organvermittlern angetan wird, die Organverteilungstechniken zu treffen haben, für politisch wünschenswert in einem Gemeinwesen gehalten werden kann.

Das Transplantationswesen ist kein historischer Sachzwang. Bis vor kurzem noch – können wir uns nicht alle noch erinnern? noch vor fast dreißig Jahren! – enthielt niemandes Körper die Ressourcen für einen anderen. Weder Leib noch Sterben noch Tod waren unter Sozialpflichtigkeit zu stellen. Niemand dachte an die Zerstückelung bei lebendem Leib aus Gründen des Gemeinwohls und die Interessen Dritter hatten ihre Schranken. Es wären Alpträume gewesen, in denen der Staat zur Regulierung eines Marktes schreitet, der auf der Zirkulation der Körperstücke seiner Einwohner beruht, der das Konsumangebot Lebensverlägerung bereitstellt und seine Sterbenden als nutzbare Ressource freigibt. So werden wir von nun an wohl über Euthanasie diskutieren müssen.

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