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UTE BERTRAND, Journalistin und BioSkoplerin

Neue KandidatInnen für die »DNA-Analyse-Datei«

  • Unionsgeführte Bundesländer wollen die Speicherung »genetischer Fingerabdrücke« drastisch ausweiten

aus: BIOSKOP Nr. 29, März 2005, Seite 7

Das deutsche Bundeskriminalamt (BKA) führt die zweitgrößte DNA-Datei Europas. Mindestens fünf unionsgeführten Ländern reicht das nicht: Sie fordern eine drastische Ausweitung und wollen »genetische Fingerabdrücke« möglichst aller Verdächtigen gespeichert sehen.

Im April 1998 startete das BKA den Aufbau der zentralen »DNA-Analyse-Datei«. Was darin elektronisch erfasst ist, dürfen StrafverfolgerInnen mit Spuren und DNA-Profilen von Tatverdächtigen abgleichen. Rund 400.000 DNA-Datensätze stecken derzeit in den Wiesbadener Großrechnern, und täglich kommen laut BKA etwa 300 neue hinzu. Zulieferer sind vornehmlich die Landeskriminalämter. Sie schicken Daten aus Ermittlungsverfahren an das BKA; auch Bundesgrenzschutz und ausländische Dienststellen leiten Informationen weiter.

Gespeichert werden nicht nur am Tatort aufgefundene Spuren von Unbekannten sowie DNA-Muster und Daten von Verurteilten. Auch genetische Profile Beschuldigter dürfen registriert werden. Wie lange, ist allerdings unklar: Eine gesetzliche Frist existiert nicht. Das BKA selbst gibt an, es prüfe nach zehn Jahren bei Erwachsenen und nach fünf Jahren bei Jugendlichen, ob erfasste Daten zu berichtigen oder zu löschen seien.

Nach geltender Rechtslage dürfen »genetische Fingerabdrücke« allerdings nur dann gespeichert werden, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Zum einen muss jemand wegen einer Straftat »von erheblicher Bedeutung« verurteilt oder beschuldigt sein – die Bandbreite reicht von Mord, Sexualverbrechen, Entführung, Erpressung, gefährlicher Körperverletzung bis zum Wohnungseinbruchdiebstahl. Zum anderen muss ein Gericht feststellen, dass dem Verurteilten oder Verdächtigen auch in Zukunft schwere Straftaten zuzutrauen seien.

Praktisch würde dies bedeuten: Künftig müsste jede/r Verdächtige routinemäßig eine Speichelprobe abgeben und beim BKA speichern lassen, wenn die Polizei dies wünscht.

Polizeiführer fordern seit Jahren, die Rechtslage zu ändern und die DNA-Datei erheblich auszuweiten. Nun machen fünf unionsregierte Länder ernst. Bayern, Hessen, Hamburg, Saarland und Thüringen haben im Februar 2005 einen Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht. Demnach sollen DNA-Analyse immer dann angeordnet und gespeichert werden dürfen, wenn auch erkennungsdienstliche Maßnahmen wie Fingerabdrücke oder Fotos zulässig sind.

Praktisch würde dies bedeuten: Künftig müsste jede/r Verdächtige routinemäßig eine Speichelprobe abgeben und beim BKA speichern lassen, wenn die Polizei dies wünscht. Denn die bislang noch obligatorische richterliche Anordnung will der Gesetzentwurf der Unionsländer ebenso abschaffen wie die geltenden Bedingungen, dass nur im Zusammenhang schwerer Straftaten sowie bei mutmaßlicher Wiederholungsgefahr gespeichert werden darf.

Der Gesetzentwurf soll im Frühjahr vom Bundesrat beschlossen und dann an den Bundestag weitergeleitet werden.

© Ute Bertrand, 2005
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